Über den wahren Reichtum

AIs kleiner Junge war mein größter Wunsch Bruce Wayne zu sein, also Batman und ganz reich. Mittlerweile steht fest, dass ich kein Superheld geworden bin und Reichtum vielleicht nur eine Fata Morgana ist, die man als normaler Mensch nie erreichen wird, egal wieviel man auch verdient. Finanzielle Unabhängigkeit allerdings ist erreichbar, sie ist die bodenständige Variante vom Reichtum, quasi die bürgerliche Frau des Prinzen, die Rente für alle, die niemals eine Rente kriegen werden und deshalb ein Leben lang ansparen müssen. Ich habe mal beim Frisör gelesen, dass man jährlich 4% aus einem Aktiendepot entnehmen kann, ohne dass es dadurch weniger wird. Vielleicht ein Ansatz.

 

Wenn man so etwas wie die Essenz meines Lebens aus mir herausquetschen könnte, dann wäre das ein Pudding aus drei Jahrzehnten Workoholic, haufenweise Investitionen und einem bunten Portfolio verschiedener Ängste, das vom Scheitern bis Altersarmut für jeden etwas bietet. Ich hatte finanziell bei den meisten Dingen immer Erfolg, ein paarmal allerdings lief es auch nicht so gut, und einmal lief es sogar richtig schlecht. Als der überhitzte neue Markt damals in den Anfängen des Internets in die Luft ging und viele Anleger in den Abgrund zog, war ich einer von ihnen, verlor nahezu alles und lernte sehr viel daraus. Danach habe ich eine persönliche finanzielle Strategie für mich entwickelt, die aus Leidenschaft, Selbstakzeptanz, Zeit, Wissen und einer gesunden Skepsis gegenüber Banken und Versicherungen besteht. Damit wurde alles besser.

 

Mittlerweile liegt eine sehr lange und erlebnisreiche, zeitweilig allerdings auch mit wechselndem Erfolg einhergehende Börsengeschichte hinter mir, und ich besitze ein sehr ruhiges Aktiendepot, das ich selbst täglich betreue. Ich bin zufrieden in wenige Titel investiert, die mir ein Gefühl langfristiger Zuversicht vermitteln und deren Produkt ich auch verstehe. Aktien kaufe ich, wenn niemand sonst sie kaufen will und verkaufe sie, wenn ich meine, ich sollte es tun, aber meistens mache ich einfach gar nichts. Das ist pottenlangweilig, ich weiß, aber seit Jahren habe ich gerade damit Erfolg.

 

Seit meiner Krankheit denke ich weniger über Geld nach, und das hat nichts damit zu tun, dass ich jetzt mehr als früher davon hätte. Es interessiert mich nur einfach nicht mehr so. Was mir gestern noch zu wenig war, scheint mir heute plötzlich mehr als genug zu sein. Ich lebe bewusster, kaufe reflektierter ein und habe den Eindruck, immer weniger zu brauchen. Würde mich ein junger Mensch fragen, wieviel er wohl bräuchte, um davon später gut und vor allem glücklich leben zu können, dann glaube ich irgendwie, die Antwort hätte erheblich weniger mit Geld zu tun, als die meisten nun erwarten würden. Ansonsten würde ich ihm sagen, dass er jeden Cent brauchen kann und ihn deshalb sparen sollte.

 

Auf meinem Weg hatte ich trotz viel Pech insgesamt gesehen eigentlich unverschämtes Glück. Es geht mir gut. Und manchmal, wenn ich mir zuhause mit dem jüngsten Mitglied meiner kleinen Familie zusammen eine Batman-Geschichte anhöre, fühle ich mich sogar unglaublich reich.

 

 

Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt.

(Albert Einstein)

 

Vielleicht verdirbt Geld tatsächlich den Charakter. Auf keinen Fall aber macht ein Mangel an Geld ihn besser.

(John Steinbeck)

 

Mein Reichtum für mich

 

8 Gedanken zu „Über den wahren Reichtum

  1. Ja, da hast Du mir aus der Seele geschrieben. Klar, braucht es etwas Geld, aber Gesundheit und Zufriedenheit sind doch viel mehr wert. Durch Krankheiten lernt man, dass Leben anders zu sehen.
    Finde Deine Beiträge super, freue mich immer, sie zu lesen.

    1. Liebe Christa, ohne Moos nix los, haben wir in der Jugend oft gesagt. Und heute im Rückspiegel war die Jugend eigentlich die schönste und abenteuerlichste Zeit, auch ohne Geld. Das sagt ja schon eigentlich allerhand aus. Schön, dass du hier bist.

  2. Morjen meine Lieben,
    ich wollte eigentlich nur kurz im ipad das Wetter checken und habe Rolf’s Beitrag erblickt!
    ich fühl mich hier ganz wohl und kann jetzt nochmal beim Joggen über so einiges nachdenken! (da kann ich’s am Besten)
    vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich gestern Abend eine Gute Bekannte besucht habe, die erneut an Brustkrebs erkrankt ist, wovon ich bis gestern nichts wusste. Es wird alles so relativ…
    Ein Dankeschön dem Autor für die „bereichernden“ Beiträge und noch einen schönen 3. Advent.

  3. Moin aus dem schönen sonnigen Hamburg 😀
    Als stille Mitleserin muss ich einfach jetzt auch mal etwas schreiben. Deine Geschichten berühren mich immer. Ich erwische mich ganz oft beim abnicken Deiner Worte.
    Ich wünsche dir eine wunderbare Weihnachtszeit und noch viel Freude in Deinem weiteren Leben.
    Werde mich jetzt wieder zum stillen mitlesen verzupfen ^^ 😀
    Liebe Grüße Ramona

  4. Lieber Rolf
    Auch ich finde deine Beiträge klasse und finde viele wahre Worte darin. Auch ich lebe ein Leben abseits der Norm und reise solange ich es noch kann. In Deutschland und Europa mit meinem Hymer Camper und zur Zeit mit meinem Toyota Landcruiser in Afrika. Früher habe ich jede kitzekleine Ausgabe akribisch aufgelistet und versucht mir einen Überblick über meine Finanzen zu verschaffen. Auch habe ich jeden Cent 3x rumgedreht. Heute leiste ich mir einfach was ich will und gebe aus was eben so kommt. Und ich muss sagen mit dieser selbstauferlegten finanziellen Freiheit geht’s mir wesentlich besser als vorher. Ich lebe jetzt einfach. Vorher hatte ich immer Ängste dass das Geld nicht reicht, etc. Wenn ich jetzt auf meine Kontostände schaue habe ich oft das Gefühl, ach es wird ja gar nicht richtig weniger. Und das ist FREIHEIT…

    1. Liebe Lilli, du sprichst mir in Bezug auf Listen und so ein Zeug sehr aus der Seele, da ich lange Jahre Sklave der Statstik war. Irgendwann entschloss ich mich, einfach alles in den Müll zu schmeißen. Die Schlacht wird ohnehin jeden Tag neu geschlagen, Vergleiche deprimieren meist nur.
      Liebe Grüße!

      1. Ja, ne Einkaufsliste für die nächste Stadt die man erreicht ist mir schon genug.
        Ich bin eigentlich ein Mensch der gerne die Kontrolle hat, das hilft mir vielleicht mein Inneres Chaos zu beherrschen. Aber man macht sich auch mit vielem verrückt. Bin froh auf Reisen zu sein, da ist man gezwungen viel Kontrolle abzugeben.

  5. Hallo Rolf, ich bin wie auch immer auf Ihre Seite gestoßen. Mit dem Geld verdienen hatte ich es nie so sehr, eher mit dem Ausgeben und wenn Sie vom doch auch notwendigen Sparen sprechen wird mir ganz anders, da ich ererbtes Geld leicht, leider auch für Süchte ausgegeben habe. Das Suchtverhalten bin ich zumindest los, neben dem Geld. Wie auch immer bin ich auf der Suche und denke Ihre Beiträge werden mir guttun. Alles Gute für Sie und Ihre Lieben.

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