Frohgemut schlendere ich am sonnigen Morgen ins Waschhaus. Keiner da, also fange ich mit Zähneputzen an. Oh, kein Wandhaken. Ich könnte die Kulturtasche auf den Ablagesims oberhalb des Waschbeckens abstellen, doch da schwimmt leider alles. Irgendein Wilder vor mir wird sich ungestüm Wasser unter die Arme geschaufelt haben. Der ganze Boden ist auch nass, in einer bläulichen Lache liegt ein alter Kanten Seife. Im Waschbecken sehe ich blasige Zahnpastaspucke vermischt mit Bartstoppeln und etwas, dass ein Fußnagel sein könnte. Nicht schön, aber ich habe Schlimmeres gesehen.
Ich hole einen langen Streifen Toilettenpapier, um den Mist wenigstens grob abzuwischen. Mischhebel gibt es in England kaum, man hält am System zwei einzelner Wasserhähne fest, hier mit Druckknopf. Aus einem kommt fast kochendes Wasser, das dir die Haut von den Knochen schält, aus dem anderen Eiswasser, dass dir Zahnschmerzen macht. Ich drücke Rot. Nichts passiert. Ich schlage drauf. Wasser schießt heraus, wird nach Aufprall der hinteren Rundung im Becken weiter beschleunigt und klatscht mir in den Schritt meiner hellgrauen Jogginghose, ehe ich einmal blinzeln kann. Den langen Streifen Papier halte ich immer noch wie doof in der Hand. Er ist völlig trocken geblieben. Ein dicker rothaariger Typ mit Vollbart holpert rein, guckt argwöhnisch und huscht in eine Toilettenbox.
Die Dusche ist in kleiner Verschlag mit einem einzigen Wandhaken, der Boden selbstredend völlig überschwemmt und matschig. Vor mir eine etwa 70/70-Duschwanne mit zusammengeklebten triefendem Vorhang. Oben an der Wand ein fester Brausekopf, darunter ein einziger Druckknopf. Man duscht in der Temperatur, die der zuständige Hausmeister für angemessen hält, oder man lässt es. Eine Ablagemöglichkeit für Duschgel und Shampoo gibt es nicht. Auf dem Boden der Duschwanne sehe ich aber eine tote Motte, ein paar vereinzelte rote Schamhaare und schon wieder einen dicken gelben Streifen Fußnagel. Abgerissen, nicht geschnitten. Wirklich, keine gute Location für Hygiene-Freaks hier.
Das britische Empire ist sanitär bevorzugt nostalgisch unterwegs, und wenn nostalgisch allgemeinhin alte Optik und gepflegt bedeutet, ist das in der Tat überaus charming. Die Campingplätze sind auch manchmal charming, aber manchmal sind sie das auch nicht. Würde irgendein Wissenschaftler im weißen Kittel nach deinem Aufenthalt im Waschhaus deine Schuhsohlen untersuchen, könnte er zweifellos alles nachweisen, was der menschliche Körper so ab- oder auswerfen kann. Man sieht zwar überall Schilder pecken, man möge doch bitte den benutzten Bereich so verlassen, wie man ihn vorgefunden hat, doch wenn gleich morgens der Erste ein Ignorant ist, der alles einsaut und nichts saubermacht, stellen sich alsbald die von mir dargestellten Verhältnisse ein.
Wenn die Dusche im Waschhaus etwas bringen soll, benötigt man abwaschbare und desinfizierbare Plastik-Crocs und eine große Duschtasche, in die eure komplette Waschausrüstung und Kleidung hineinpasst. Unerlässlich ist auch die kurze Hose, denn schlüpft man mit nassen Füßen aus der kontaminierten Duschwanne direkt ins lange Hosenbein, ist alles toxisch. Und Füße von unten abtrocknen ist tabu, weil dann alle fremden Körperpartikel und Pilze im Handtuch sitzen. Praktisch und haptisch ansprechend sind auch selbstbefüllbare Silikon-Behälter für Shampoo und Duschgel, die man dank Saugnoppen an die Duschwand poppen kann.
Den größten Gefallen tut man sich allerdings, wenn man morgens einfach früher als alle anderen am Start ist. Einen besseren Rat könnt ihr nicht kriegen.